M. Crogiez Labarthe u.a. (Hrsg.): Les écrivains suisses alémanniques

Cover
Titel
Les écrivains suisses alémanniques et la culture francophone au XVIIIe siècle. Actes du colloque de Berne 24 – 26 novembre 2004


Herausgeber
Crogiez Labarthe, Michèle; Michèle; Battistini, Sandrine; Kürtös, Karl
Erschienen
Genf 2008: Slatkine Reprints
Anzahl Seiten
425 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
André Holenstein, Historisches Institut der Universität Bern

«Habent sua fata libelli» – Bücher haben ihr eigenes Schicksal. Nicht minder mag dieses Sprichwort auch für die Besprechung von Büchern gelten. 2004 fand in Bern eine wissenschaftliche Tagung statt, welche nach den vielfältigen Spiegelungen der französischen Sprache und Kultur im Denken und in den Werken von (Deutsch)Schweizer Autoren und Künstlern des 18. Jahrhunderts fragte. Vier Jahre später erschienen die Tagungsbeiträge im Druck, und ebenso lange blieb das Buch beim Rezensenten liegen– Schande über ihn! Der Sammelband führt mitten in die für das schweizerische Aufklärungsjahrhundert charakteristische Thematik der kulturellen Bipolarität in der geistigen und politischen Elite der Eidgenossenschaft hinein. Viele Angehörige dieser Elite hatten sowohl an der deutschen wie auch an der französischen Kultur teil und bedienten sich für ihre private und gelehrte Korrespondenz ebenso wie in ihrer gepflegten Konversation des Französischen, was ihre Zugehörigkeit zur französischen Leitkultur demonstrieren sollte und ihnen zugleich Distinktion verschuf. Diese doppelte Ausrichtung der deutschen Schweiz (d.h. der Eidgenossenschaft im eigentlichen Sinne) auf bzw. deren Teilhabe an zwei grossen Sprach- und Kulturräumen wurde später unter anderem historiographisch in die Chiffre der «Helvetia mediatrix» gefasst (Fritz Ernst, 1939). Aus der Lage der Schweiz an den Berührungspunkten grosser europäischer Kulturen wurde geradezu ein vermittelnder Auftrag bzw. eine europäische Sendung für den Kleinstaat abgeleitet. In der zu kurzatmig geratenen Einleitung des Tagungsbandes, die es leider verpasst, die Thematik der Tagung und des Sammelbandes in solche grösseren kulturhistorischen und historiographischen Kontexte einzuordnen, unterstreichen die Herausgeberinnen und Herausgeber ihr Anliegen, mit dieser Publikation die Forschung zur Bedeutung der deutschen Schweiz als eines Teils der Frankophonie quer durch die Geistes- und Kulturwissenschaften anstossen zu wollen. Der Band enthält denn auch eine reiche, in ihrer Auswahl und Anordnung aber beliebig wirkende Sammlung vielfältigster, ungleich ausführlicher Beiträge von Vertreterinnen und Vertretern der Literatur-, Philosophie-, Kunst-, Wissenschafts- und Buchgeschichte, die jeweils die Bedeutung der Frankophonie in den Biographien, Schriften und Korrespondenzen bekannter und auch weniger bekannter Protagonisten des schweizerischen Geistes- und Kulturlebens des 18. Jahrhunderts aufspüren. Das ausführliche Personenregister leistet gerade angesichts des etwas heterogenen Charakters des Sammelbandes willkommene Hilfe bei der Orientierung und beim Versuch, die thematischen Schwerpunkte des Werks zu erkennen. Jedes Tagungs- und Publikationsunternehmen behandelt sein Thema nicht erschöpfend und muss notwendig lückenhaft bleiben. Gleichwohl ist es in konzeptioneller Hinsicht zu bedauern, dass der Band zentrale Aspekte des schweizerisch-französischen Kulturkontakts im 18. Jahrhundert nicht eigens thematisiert. Dazu hätte insbesondere eine Betrachtung des Schweizer Verlagswesens und Buchhandels und dessen Bedeutung für den kulturellen Austausch zwischen der Schweiz und Frankreich gezählt. Schliesslich hätte auch die seit dem frühen 18. Jahrhundert virulent werdende Kritik an Frankreich prominenter behandelt und damit die Tatsache in Erinnerung gerufen werden können, dass die Schweiz des Aufklärungszeitalters nicht nur ein Hort der Frankophonie und der bedingungslosen Hingabe an diese Leitkultur war, sondern von hier aus auch entscheidende Impulse für den Aufstieg der Anglophilie und damit eines dezidiert frankreichkritischen, wenn nicht gar antifranzösischen kulturellen und politischen Gegenmodells ausgegangen sind.

Zitierweise:
André Holenstein: Rezension zu: Crogiez Labarthe, Michèle; Battistini, Sandrine; Kürtös, Karl (Hrsg.): Les écrivains suisses alémanniques et la culture francophone au XVIIIe siècle. Actes du colloque de Berne 24 – 26 novembre 2004. Slatkine: Genf 2008. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 74 Nr. 4, 2012, S. 58-59.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 74 Nr. 4, 2012, S. 58-59.

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